Das Brutto Inlands Produkt (BIP, englisch GDP – gross domestic product) ist der Wert aller in einer Volkswirtschaft erzeugten Produkte und am Markt erbrachten Dienstleistungen. Es zeigt den Ausstoß („Output“, „Produktion“) einer Volkswirtschaft zu Marktwerten. Es misst aber weder das Volkseinkommen noch den Reichtum einer Volkswirtschaft.
In einem privatwirtschaftlichen Kontext könnte man das BIP den Umsatzerlösen gleichsetzen. Es ist klar, dass man, um von den Umsatzerlösen auf das Einkommen überleiten zu können, von diesen die Kosten abziehen muss. Rechnet man die Einkommen aller Wirtschaftsjahre zusammen kommt man zum Vermögen.
Daraus kann man schon ersehen, dass es unsinnig ist zu behaupten ein hohes BIP kennzeichne eine reiche Volkswirtschaft. Zumindest wenn man mit „reich“ jemanden mit einem großen Vermögen meint und jemanden der über ein hohes Einkommen verfügt nicht als reich, sondern als einkommensstark bezeichnet.
Ein hohes BIP steht aber auch nicht für ein hohes Volkseinkommen, da sich dieses erst nach Abzug der „Kosten“ ergibt. Jemand kann hohe Umsätze generieren und dennoch kein Einkommen haben bzw sogar Verluste machen, wenn seine Kosten seine Umsatzerlöse übersteigen.
In einen volkswirtschaftlichen Kontext übersetzt bedeutet dies folgendes:
Produktion – Ersatzinvestitionen = Einkommen
Wenn Dinge produziert werden, die lediglich Dinge ersetzen die kaputtgegangen sind führt die Produktion zu keinem Einkommen. Dh vom BIP müssten alle Reparaturleistungen und Ersatzinvestitionen (die „Kosten“) abgezogen werden um zum Einkommen zu gelangen. Das so errechnete Volkseinkommen wäre dann eine Maßzahl für die Einkommensstärke einer Volkswirtschaft.
Aber lediglich jene Einkommensteile die nicht verkonsumiert werden führen zu einem Vermögensaufbau.
Einkommen – Konsum = Vermögensaufbau
Nun wirken aber gewisse Faktoren dem Vermögensaufbau entgegen. Das sind zB die Alterung, Umweltschäden, Zerstörung und Untergang von Vermögensgegenständen. Wenn diese Faktoren den Vermögensaufbau übersteigen, kommt es insgesamt sogar zu einer Vermögensverringerung.
Die Summe aller Netto-Vermögensänderungen ergibt dann das Vermögen einer Volkswirtschaft.
Summe Nettovermögensveränderungen = Vermögen
Um das Vermögen einer Volkswirtschaft aus dem BIP berechnen zu können bräuchte man alle Nettovermögensveränderungen vom Anbeginn der Zeit. Da dies unmöglich zu erheben ist, wird das Vermögen nie aus dem BIP berechnet, sondern direkt erhoben.
Privates Vermögen – Schulden der Privathaushalte + Vermögen der öffentlichen Haushalte – Schulden der öffentlichen Haushalte = Volksvermögen
Allerdings hat auch die direkte Berechnung eine Schwäche, da das Private Vermögen nicht erfasst wird und daher nur geschätzt werden kann.
Was zeigt also das BIP? Es ist eine Maßzahl für die Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft.
Wenn man die Volkswirtschaft mit einer Lokomotive vergleicht, dann würde das BIP den PS (einer Potentialgröße) entsprechen. Damit wäre noch keine Aussage darüber getroffen, wie schnell die Lokomotive fährt (Geschwindigkeit ist wie Einkommen eine Stromgröße) oder wie viele Kilometer die Lokomotive bereits zurückgelegt hat (eine Bestandsgröße wie Vermögen). Auch wenn es einen Wirkungszusammenhang zwischen Potential- Strom- und Bestandsgrößen gibt kann von der Wertigkeit der einen Größe nicht auf die Wertigkeit der anderen geschlossen werden.
Das BIP zeigt lediglich, welches Potential eine Volkswirtschaft hat Reichtum zu erlangen, wenn die Kosten geringgehalten werden und das Einkommen gespart oder investiert wird und nicht verkonsumiert wird.
Österreich ist im Vergleich zu anderen entwickelten Staaten eine Volkswirtschaft mit einem zur Bevölkerungsanzahl relativ hohen BIP aber einem relativ kleinen Vermögen, da der Konsum relativ hoch ist und der Vermögensaufbau durch Kriege und Geldentwertungen bedingt erst eine kurze Tradition hat. Daraus ergibt sich, dass Österreich vergleichsweise allenfalls einkommensstark aber nicht reich ist.