Wer trägt die Umsatzsteuer?

In der politischen Diskussion wird oft argumentiert, dass jene Bürger die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen (sogenannte Netto-Empfänger), ihren Beitrag über die Umsatzsteuer leisten.

Entspricht das den ökonomischen Tatsachen? Sehen wir uns das anhand eines Beispiels an: Ein Kunde zahlt z. B. 120 Euro inklusive Umsatzsteuer für eine Ware.

Für diese 120 Euro bekommt der Kunde eine Ware, deren subjektive Wert für den Kunden bei mindestens 120 Euro liegt, da er sie sonst nicht kaufen würde. Es ist für den Kunden unerheblich, ob ein Teil davon Steuer ist – aus Sicht des Kunden ist die Umsatzsteuer Teil des Preises, also Teil des Wertes der Ware. Er bekommt eine Ware, die ihm subjektiv genau so viel wert ist, wie sie kostet – brutto.

Aus Sicht des Unternehmers ist sein Lohn der Preis der sich am Markt durchsetzen lässt. Die Zahlungsbereitschaft der Kunden bezieht sich aber immer auf den Bruttopreis. Dieser entspricht immer den Nutzen den er den Käufern seiner Produkte verschafft. Dieser Nutzen ist seine Leistung. Es ist daher ökonomisch richtig, dass er diesen Nutzen abgegolten bekommt.

Muss der Unternehmer nun einen Teil des Preises als Umsatzsteuer abführen, so wird die Steuer von seinem Unternehmerlohn abgezogen. Er bekommt nicht den vollen Preis für seine Leistung. Der Kunde ist nicht belastet. Er bekommt den vollen Warenwert. Der Unternehmer wird das Geschäft dennoch machen, solange der Nettopreis seine Kosten deckt. Die Umsatzsteuer geht aber auf Kosten seines Gewinns.

Auch steuerpolitisch macht diese Überlegung Sinn. Gegenstand der Besteuerung ist grundsätzlich die im Staat erzielte Wertschöpfung. Der Konsument schafft keinen Wert. Den Wert schafft der Kaufmann im Rahmen seines Unternehmens. Diese Wertschöpfung wird zweifach besteuert, einmal am Ort der Produktionsleistung in Form der Einkommensteuer und einmal am Ort der Vertriebsleistung in Form der Umsatzsteuer. Auch wenn die Erscheinungsform dieser beiden Steuern unterschiedlich ist, besteuern sie doch immer nur, einen durch Unternehmerleistung geschaffenenen Wert.

Durch Abzug der Vorsteuer wird auch im Fall der Umsatzsteuer sicher gestellt dass nur der eigene Wertschöpfunganteil, den das jeweilige Unternehmens innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette, erschafft, besteuert wird.

Es ist daher falsch zu behaupten, dass Bürger/Konsumenten mit Zahlung der Umsatzsteuer einen Beitrag zum Steueraufkommen leisten. Es ist der Unternehmer, der die Umsatzsteuer abführt, der diese auch wirtschaftlich trägt.

Internet-Business und die Grundsätze unseres Steuersystems

In Bezug auf Internet-basierte Geschäfte und einer in diesem Zusammenhang diskutierten Digitalsteuer, wurde in letzter Zeit immer wieder gefordert, die Einkommensteuer nicht nur dort zu erheben, wo das leistungserbringende Unternehmen seinen Sitz hat, sondern (auch) dort wo der Verbraucher die entsprechende Leistung konsumiert.

Diese Forderung zeugt von dem verständlichen Wunsch am Erfolg erfolgreicher Internet-Giganten, wie Amazon, Google und Facebook, partizipieren zu können, zeigt aber auch, dass im Kampf um Steueraufkommen, Überlegungen zur Steuergerechtigkeit und Steuersytematik eine zunehmend geringere Rolle spielen.

Das ist deshalb äußerst bedenklich, weil Steuergerechtigkeit ein ganz wesentlicher Pfeiler unserer Gesellschaft ist, da sie nicht nur die Beziehung des Bürgers zum Staat, sondern auch die gerechte Verteilung der Lasten unter den Bürgern, ganz wesentlich determiniert.

Grundsätzlich kann man natürlich jeden Umstand zum Anlass nehmen eine Steuer festzusetzen, in demokratisch organisierten Gesellschaften hat sich aber der Grundsatz durchgesetzt, dass eine gerechte Besteuerung dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechen sollte.

Die Leistungsfähigkeit kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten festgestellt werden. Einerseits durch Bemessung des Einkommens und andererseits durch Bestimmung der Kaufkraft/des Konsums. Wobei grundsätzlich gilt: Einkommen = Konsum. (Kurzfristig gilt natürlich Einkommen = Konsum + Sparen. Da aber Sparen nur aufgeschobenener Konsum ist, gilt langfristig auch die Kurzform der Formel).

Grundsätzlich wäre daher eine Einkommensteuer (mit den Nebenformen Körperschaftsteuer und Lohnsteuer) oder eine Umsatzsteuer ausreichend um eine vollständige Besteuerung des Volkseinkommens zu gewährleisten.

In fast allen Staaten hat sich der Gesetzgeber jedoch, vor dem Hintergrund, dass Einkommenserzielung und Konsum nicht zwangsläufig am gleichen Ort stattfinden müssen, dazu entschieden, beide Besteuerungsformen zu implementieren.

Insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, dh bei Import und Export spielt ja auch die Aufteilung der Besteuerungsrechte und damit des Steueraufkommens, zwischen den Staaten eine wesentliche Rolle für die Steuergerechtigkeit.

Dabei hat sich international eingebürgert, dass die Einkommensteuer am Ort der Wertschöpfung fällig wird und die Umsatzsteuer am Ort des Konsums.

Wenn man das berücksichtigt, liegt klar auf der Hand, dass eine Festsetzung von Einkommenssteuer am Ort des Konsums völlig widersinnig ist. Es käme zu einer Nicht-Besteuerung am Ort der Wertschöpfung und zu einer Doppelbesteuerung am Ort des Konsums.

Wenn man aus irgendwelchen Gründen eine stärkere Besteuerung des Konsums wünscht, wäre der systematisch richtigere Weg die Umsatzsteuer anzuheben. Dabei sollte man aber beachten das aus steuer-systematischen Gründen der Umsatzsteuersatz dem (durchschnittlichen) Einkommensteuersatz entsprechen sollte, da die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer lediglich zwei Seiten der gleichen Medaille darstellen, und eine unterschiedliche Gewichtung der Steuern zumindest steuer-theoretisch keinen Sinn macht.