Wer trägt die Umsatzsteuer?

In der politischen Diskussion wird oft argumentiert, dass jene Bürger die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen (sogenannte Netto-Empfänger), ihren Beitrag über die Umsatzsteuer leisten.

Entspricht das den ökonomischen Tatsachen? Sehen wir uns das anhand eines Beispiels an: Ein Kunde zahlt z. B. 120 Euro inklusive Umsatzsteuer für eine Ware.

Für diese 120 Euro bekommt der Kunde eine Ware, deren subjektive Wert für den Kunden bei mindestens 120 Euro liegt, da er sie sonst nicht kaufen würde. Es ist für den Kunden unerheblich, ob ein Teil davon Steuer ist – aus Sicht des Kunden ist die Umsatzsteuer Teil des Preises, also Teil des Wertes der Ware. Er bekommt eine Ware, die ihm subjektiv genau so viel wert ist, wie sie kostet – brutto.

Aus Sicht des Unternehmers ist sein Lohn der Preis der sich am Markt durchsetzen lässt. Die Zahlungsbereitschaft der Kunden bezieht sich aber immer auf den Bruttopreis. Dieser entspricht immer den Nutzen den er den Käufern seiner Produkte verschafft. Dieser Nutzen ist seine Leistung. Es ist daher ökonomisch richtig, dass er diesen Nutzen abgegolten bekommt.

Muss der Unternehmer nun einen Teil des Preises als Umsatzsteuer abführen, so wird die Steuer von seinem Unternehmerlohn abgezogen. Er bekommt nicht den vollen Preis für seine Leistung. Der Kunde ist nicht belastet. Er bekommt den vollen Warenwert. Der Unternehmer wird das Geschäft dennoch machen, solange der Nettopreis seine Kosten deckt. Die Umsatzsteuer geht aber auf Kosten seines Gewinns.

Auch steuerpolitisch macht diese Überlegung Sinn. Gegenstand der Besteuerung ist grundsätzlich die im Staat erzielte Wertschöpfung. Der Konsument schafft keinen Wert. Den Wert schafft der Kaufmann im Rahmen seines Unternehmens. Diese Wertschöpfung wird zweifach besteuert, einmal am Ort der Produktionsleistung in Form der Einkommensteuer und einmal am Ort der Vertriebsleistung in Form der Umsatzsteuer. Auch wenn die Erscheinungsform dieser beiden Steuern unterschiedlich ist, besteuern sie doch immer nur, einen durch Unternehmerleistung geschaffenenen Wert.

Durch Abzug der Vorsteuer wird auch im Fall der Umsatzsteuer sicher gestellt dass nur der eigene Wertschöpfunganteil, den das jeweilige Unternehmens innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette, erschafft, besteuert wird.

Es ist daher falsch zu behaupten, dass Bürger/Konsumenten mit Zahlung der Umsatzsteuer einen Beitrag zum Steueraufkommen leisten. Es ist der Unternehmer, der die Umsatzsteuer abführt, der diese auch wirtschaftlich trägt.

Ist eine Vermögensteuer nur für Reiche möglich?

Das Gleichheitsgebot in Österreich ist ein verfassungsrechtlicher Grundsatz, der besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Es ergibt sich aus mehreren Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung unter anderem auch der EMRK, die in Verfassungsrang steht und spielt eine zentrale Rolle im öffentlichen Recht.

Art. 7 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lautet: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen.“

Der Gleichheitsgrundsatz, lässt Ungleichbehandlungen zu, wenn sie durch sachliche Gründegerechtfertigt sind, wobei sich aus Art 7 B-VG aber klar ergibt, dass die dort aufgezählten Kriterien keinesfalls einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung abgeben.

Die Begriffe „Stand“ und „Klasse“ stammen aus einer früheren gesellschaftlichen Ordnung und müssen im historischen Kontext verstanden werden.

Der Begriff „Stand“ bezieht sich auf die ständische Gesellschaft, wie sie im Mittelalter und in der frühen Neuzeit üblich war. Damals war die Gesellschaft grob in folgende Stände unterteilt: Adel, Klerus, Bürger und Bauern. Diese hatten in Kurien eingeteilt auch unterschiedliche Möglichkeiten an der politischen Mitwirkung.

Der Begriff „Klasse“ in Art. 7 Abs. 1 B-VG bezieht sich auf das Klassenwahlrecht, das im 19. Jahrhundert in Österreich galt. Damals war das Wahlrecht in Klassen unterteilt. Diese Klassen richteten sich vor allem nach dem steuerlichen Beitrag/Vermögen.

Es stellt sich daher die Frage ob vor diesem Hintergrund eine unterschiedliche Besteuerung nach Vermögen nicht verfassungswidrig wäre?

Man könnte meinen, dass eine unterschiedliche Besteuerung nach Vermögen oder Einkommen nicht verfassungswidrig wäre, solange sie sachlich gerechtfertigt ist – etwa durch das Prinzip der steuerlichen Leistungsfähigkeit.

Allerdings bezieht sich das Leistungsfähigkeitsprinzip grundsätzlich auf Einkommen und nicht auf Vermögen.

Ausserdem gilt für die in Art 7 B-VG ausdrücklich genannten Diskriminierungsverbote („Stand“, „Klasse“, „Geschlecht“, „Geburt“, „Bekenntnis“) dass keine sachliche Rechtfertigung eine diesbezügliche Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Diese Merkmale sind absolut geschützt.

Ein Steuergesetz, das explizit Männer höher besteuert als Frauen, wäre daher in jedem Fall verfassungswidrig, auch wenn der Gesetzgeber sachliche Gründe hätte (etwa zur Förderung der Gleichstellung).

Da der Begriff „Klasse“ in Art. 7 Abs. 1 B-VG eine Unterscheidung nach Vermögen meint ist eine Ungleichbehandlung nach Vermögen verfassungswidrig, weil „Klasse“ eben ein absolut geschütztes Merkmal ist.

Allerdings interpretiert der VfGH den Begriff „Klasse“ historisch eng – auf das politische System bezogen, nicht auf jede Art von gesetzlicher Unterscheidung nach Vermögen. So ist allgemein anerkannt, dass vermögensbezogenen Steuern grundsätzlich möglich sind.

Allerdings darf es bei der Besteuerung von Vermögen nicht dazu kommen, dass die Bevölkerung nach der Vermögenshöhe in verschiedene Klassen eingeteilt wird um diese unterschiedlich hoch zu besteuern oder lediglich eine Klasse zu besteuern und eine andere Klasse von der Besteuerung gänzlich auszunehmen.

Ein Steuerfreibetrag wie er zB in der Einkommensteuer vorgesehen ist um das Existenzminimum abzusichern wäre bei einer Vermögensteuer daher ausschliesslich in dem Ausmass möglich als es sich um Vermögensgegenstände des täglichen Bedarfs handelt. Eine darüber hinausgehende Steuerbefreiung, wäre sachlich nicht zu rechtfertigen und würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.

Ist eine progressive Besteuerung überhaupt zulässig?

Progressive Steuersätze führen zu einer ungleichen Behandlung von Steuerpflichtigen nach Einkommen, was einen erheblichen Eingriff in das Gleichheitsgebot (Art. 7 B-VG) darstellt.

Im Allgemeinen verlangt der Gleichheitsgrundsatz, dass Ausnahmen von einer Gleichbehandlung sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Da eine über die proportionale Besteuerung hinausgehende progressive Besteuerung ja schon per definitionem nicht verhältnismäßig ist stellt sich die Frage ob eine solche verfassungsrechtlich zulässig ist.

Die progressive Besteuerung wir im Allgemeinen mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip begründet. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein unbestimmter, aber zentraler steuerrechtlicher Grundsatz. Es verlangt im Prinzip, dass jeder im Verhältnis zu seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen soll.

Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird nicht als bloß proportionale Gleichbehandlung verstanden, sondern als materielle Gleichheit unter Berücksichtigung der ökonomischen Realität Dabei geht die herrschende Lehre davon aus, dass eine proportionale Besteuerung hohe Einkommen unterbelasten würde, weil deren Grenznutzen des Geldes sinkt (1.000 € haben für Millionäre weniger Bedeutung als für Geringverdiener).

Allerdings kennt das BV-G keine Staatszielbestimmung materielle Gleichheit zu erlangen. Dieses Ziel kann daher keine sachliche Rechtfertigung sein. Art. 7 B-VG garantiert geradezu formelle Gleichheit vor dem Gesetz ohne auf materielle Unterschiede einzugehen. So wäre ein Steuergesetz, das explizit Männer höher besteuert als Frauen, in jedem Fall verfassungswidrig, auch wenn der Gesetzgeber sachliche Gründe hätte (etwa zur Förderung der Gleichstellung).

Darüber hinaus hat die Ansicht, dass der Grenznutzen mit der Höhe des Einkommens abnimmt keine wirtschaftliche Fundierung, sondern ist lediglich eine sozial-theoretische Annahme, die empirisch nicht nachweisbar ist und theoretisch nicht unumstritten ist.

Ist aber eine theoretisch umstrittene Hypothese ohne empirischen Befund nicht zu schwach für eine sachliche Rechtfertigung die in zentrale Grundrechte, wie dem Gleichbehandlungsgebot, eingreift?

Eine sachliche Rechtfertigung für einen Eingriff in ein zentrales Grundrecht braucht eine solide Grundlage. Es reicht nicht, sich auf eine bloß normative oder theoretisch umstrittene Annahme zu stützen. Die Rechtfertigung muss empirisch fundiert, plausibel und nachvollziehbar sein.

Wenn eine Ungleichbehandlung (z. B. progressive Besteuerung) auf einer schwachen, umstrittenen und empirisch nicht belegten Hypothese fußt, ist sie nicht ausreichend sachlich gerechtfertigt, um in das Gleichheitsgebot einzugreifen.

Auch wenn vielen eine progressive Besteuerung aus sozialwissenschaftlichen Überlegungen zu Gerechtigkeit, Fairness und Umverteilung wünschenswert erscheinen mag, so ist aus einer rechtsdogmatischen Sicht festzustellen, dass eine progressive Besteuerung verfassungsrechtlich problematisch ist.

Internet-Business und die Grundsätze unseres Steuersystems

In Bezug auf Internet-basierte Geschäfte und einer in diesem Zusammenhang diskutierten Digitalsteuer, wurde in letzter Zeit immer wieder gefordert, die Einkommensteuer nicht nur dort zu erheben, wo das leistungserbringende Unternehmen seinen Sitz hat, sondern (auch) dort wo der Verbraucher die entsprechende Leistung konsumiert.

Diese Forderung zeugt von dem verständlichen Wunsch am Erfolg erfolgreicher Internet-Giganten, wie Amazon, Google und Facebook, partizipieren zu können, zeigt aber auch, dass im Kampf um Steueraufkommen, Überlegungen zur Steuergerechtigkeit und Steuersytematik eine zunehmend geringere Rolle spielen.

Das ist deshalb äußerst bedenklich, weil Steuergerechtigkeit ein ganz wesentlicher Pfeiler unserer Gesellschaft ist, da sie nicht nur die Beziehung des Bürgers zum Staat, sondern auch die gerechte Verteilung der Lasten unter den Bürgern, ganz wesentlich determiniert.

Grundsätzlich kann man natürlich jeden Umstand zum Anlass nehmen eine Steuer festzusetzen, in demokratisch organisierten Gesellschaften hat sich aber der Grundsatz durchgesetzt, dass eine gerechte Besteuerung dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechen sollte.

Die Leistungsfähigkeit kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten festgestellt werden. Einerseits durch Bemessung des Einkommens und andererseits durch Bestimmung der Kaufkraft/des Konsums. Wobei grundsätzlich gilt: Einkommen = Konsum. (Kurzfristig gilt natürlich Einkommen = Konsum + Sparen. Da aber Sparen nur aufgeschobenener Konsum ist, gilt langfristig auch die Kurzform der Formel).

Grundsätzlich wäre daher eine Einkommensteuer (mit den Nebenformen Körperschaftsteuer und Lohnsteuer) oder eine Umsatzsteuer ausreichend um eine vollständige Besteuerung des Volkseinkommens zu gewährleisten.

In fast allen Staaten hat sich der Gesetzgeber jedoch, vor dem Hintergrund, dass Einkommenserzielung und Konsum nicht zwangsläufig am gleichen Ort stattfinden müssen, dazu entschieden, beide Besteuerungsformen zu implementieren.

Insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, dh bei Import und Export spielt ja auch die Aufteilung der Besteuerungsrechte und damit des Steueraufkommens, zwischen den Staaten eine wesentliche Rolle für die Steuergerechtigkeit.

Dabei hat sich international eingebürgert, dass die Einkommensteuer am Ort der Wertschöpfung fällig wird und die Umsatzsteuer am Ort des Konsums.

Wenn man das berücksichtigt, liegt klar auf der Hand, dass eine Festsetzung von Einkommenssteuer am Ort des Konsums völlig widersinnig ist. Es käme zu einer Nicht-Besteuerung am Ort der Wertschöpfung und zu einer Doppelbesteuerung am Ort des Konsums.

Wenn man aus irgendwelchen Gründen eine stärkere Besteuerung des Konsums wünscht, wäre der systematisch richtigere Weg die Umsatzsteuer anzuheben. Dabei sollte man aber beachten das aus steuer-systematischen Gründen der Umsatzsteuersatz dem (durchschnittlichen) Einkommensteuersatz entsprechen sollte, da die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer lediglich zwei Seiten der gleichen Medaille darstellen, und eine unterschiedliche Gewichtung der Steuern zumindest steuer-theoretisch keinen Sinn macht.

Die AK fordert 75% Einkommensteuer und 4% Vermögensteuer

Die Arbeiterkammer fordert einen Spitzensteuersatz von 75% ab einem Einkommen von EUR 1 Mio sowie Vermögensteuern von bis 4% (ab EUR 10 Mio, 2% ab EUR 100 Mio 3% und ab EUR 1 Mrd 4%).

Natürlich gibt es verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine exzessive Besteuerung. Frankreich wollte unter Präsident Hollande eine 75% Einkommensteuer einführen und ist am Verfassungsgerichtshof gescheitert. Auch in Deutschland ist der Verfassungsgerichtshof der Meinung, dass eine Besteuerung des Einkommens über 50% unzulässig ist. Interessanter Weise hat er das im Zusammenhang mit der Abschaffung der Vermögenssteuer geäußert.

Natürlich ist es demokratiepolitisch bedenklich, wenn die Mehrheit einer Minderheit von ca 5% der Bevölkerung eine Steuerlast aufbürdet, die die Mehrheit auf Grund großzügiger Freibeträge nicht tangiert. Es ist ein unterschied ob ein Freibetrag das Existenzminimum berücksichtigt oder lediglich dazu dient die Mehrheit ungeschoren zu lassen.

Aber auch wirtschaftlich besehen ist so ein Steuerexzess Unsinn.

Der Spitzensteuersatz iHv 75% ab einer Million EUR soll 300 Leute treffen und EUR 80 Mio an Steuereinnahmen bringen. Dh der Steuerertrag wäre lächerlich gering im Vergleich zu dem extrem standortschädlichen Signal einer Einkommensteuer in dieser Höhe. Auch Frankreich erlebte 2012 bereits eine massive Kapitalflucht, allein auf Grund der Ankündigung der Steuer.

Dabei wird vergessen, dass die Auszahlung von Gehältern über 500.000 EUR ohnedies steuerlich nicht mehr abzugsfähig ist. Dadurch ergibt sich bei Gehältern über EUR 1 Mio. bereits jetzt eine Steuerlast in Höhe von 80%.

Mit der vorgeschlagenen Steuererhöhung würde die Steuerbelastung auf unglaubliche 100% steigen.

Das würde dazu führen, dass keiner mehr ein Gehalt über einer Million Euro erzielen könnte. Damit würde der Aufbau eines mittelständigen Unternehmens aus eigener Kraft praktisch unmöglich werden.

Nun kommt aber noch die Vermögensteuer. Bekanntlich korreliert Vermögen mit Einkommen. Dh es ist anzunehmen, dass ein Großteil jener Personen die vermögensteuerpflichtig werden würden, auch den Spitzensteuersatz zahlen müssten.

Da das Einkommen schon zu 100% besteuert wäre müsste die Vermögensteuer aus der Substanz bezahlt werden. Das würde bedeuten, dass unabhängig von seinen Anstrengungen jeder Milliardär innerhalb von 25 Jahren 90% seines Vermögens an die Steuer verlieren würde.

Damit wäre jedes Unternehmen mit einem Wert über 100 Mio. innerhalb von längstens 25 Jahren verstaatlicht.

Auch wenn die OECD immer wieder Vermögensteuern einfordert, ist eine Vermögensteuer unsinnig. Aus gutem Grund kennen nur mehr 4 von 36 OECD Staaten eine solche und es werden immer weniger. So wurde die Vermögensteuer in Deutschland 1997 und in Schweden 2007 abgeschafft

Was ist mein gerechter Anteil an der Steuerlast?

Das Steuerrecht kennt persönliche und sachliche Steuerbefreiungen, Freibeträge und Freigrenzen, Pauschalierungen und gesetzliche Fiktionen. Das alles sind Folgen einer Klientelpolitik und führt dazu dass das Steuerrecht immer unsystematischer wird und die Steuergerechtigkeit (gleiches gleich zu behandeln) geopfert wird.

Steuerpolitik wird meist nur mehr aus dem Blickwinkel fiskaler Zwänge betrachtet, die Frage nach der Steuergerechtigkeit (warum muss ich welche Steuern zahlen) wird ignoriert. Die Politik regiert nach dem Diktat der Mehrheit, Grundrechte auf Eigentum und Erwerbsfreiheit aber auch Gleichheit werden im Zusammenhang mit Steuern nicht diskutiert.

Andererseits wird von den Steuerpflichtigen moralisches Verhalten eingefordert. Dies in dem Sinn dass jeder seinen gerechten Anteil zahlen soll, unabhängig davon ob er dazu verpflichtet ist oder nicht. Aber welche Steuerbefreiung, welcher Freibetrag oder Freigrenze, welche Pauschalierung oder gesetzliche Fiktion ist moralisch begründet?

Konsequent betrachtet, dürfte keine Ausnahme angewendet werden und müsste jeder Sachverhalt nach den tatsächlichen Verhältnissen besteuert werden (dh keine Pauschalierungen, gesetzliche Bewertungsvorschriften etc). Damit würde sich aber ein Grossteil der Steuervorschriften erledigen.

Die Lösung des Dilemmas, dass das geltende Steuerrecht unsystematisch und daher auch ungerecht ist, kann nicht dem Steuerpflichtigen aufgebürdet werden. Hier muss der Gesetzgeber erst einmal Ordnung schaffen und dafür sorgen, dass das Steuerrecht klar ersichtlichen Grundsätzen, die sich auf Gerechtigkeitsüberlegungen basieren lassen, folgt. Dann kann er auch fordern, dass das Steuerrecht von den Steuerpflichtigen grundsatzbasiert angewendet wird.

Warum eine Erbschaftsteuer falsch ist

Vielfach wird argumentiert, dass eine Erbschaftsteuer dem Leistungsfähigkeitsprinzip entspricht, da dem Erben durch die Erbschaft ein Vermögenszuwachs zukommt, der einem Einkommen entspricht. Aus Sicht des Erben mag das stimmen, aus volkswirtschaftlicher und steuertheoretischer Sicht, ist dieser Ansatz aber falsch.

Aus Sicht einer modernen Steuertheorie wird nämlich nicht das Einkommen der Staatsbürger besteuert, was sich schon darin zeigt, dass ausländische Einkommensteile vielfach nicht besteuert werden, sondern der Einkommenszuwachs der Volkswirtschaft.

Die Steuer stellt damit ein Entgelt für die Leistungen des Staates, die der Volkswirtschaft zu Gute kommen, wie zB die zur Verfügung Stellung von Infrastruktur und die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, dar.

Die Einkommensteuer sollte daher idealerweise den auf das einzelne Individuum entfallenden Anteil an der Wertschöpfung der Volkswirtschaft erfassen. Da der Erbfall aber kein Wertschöpfungsprozess ist sollte er auch nicht der Besteuerung unterliegen.

Konsequenter Weise ist eine Erbschaftsteuer als Substanzsteuer zu qualifizieren. Da Substanzsteuern einer, volkswirtschaftlich gesehen, erwünschten Akkumulation von Vermögen entgegenwirken, gelten diese im Allgemeinen als schädlich.

Die folglich geforderte Nicht-Besteuerung von Erbschaften hat aber auch eine ethische Dimension, der Staat, als Schutzbeauftragter, soll am Tod eines seiner Bürger nicht verdienen.

Das Problem mit einer Vermögenssteuer

Die Besteuerung der Bürger nach deren Vermögen ist ein veraltetes Konzept. Historisch gesehen wurde das Vermögen lediglich deswegen als Besteuerungsgrundlage herangezogen, weil man nicht in der Lage war das Einkommen seiner Bürger zu erfassen.

Die Vermögensteuer war aber nicht als Substanzsteuer gedacht, sondern stellte nur eine indirekt ermittelte Einkommensteuer dar. Unterstellt man, dass sich jedes Vermögen mit 5% verzinst und legt die Vermögensteuer mit 1% fest entspricht das einer 20%igen Einkommensteuer.

Der Nachteil der indirekten Besteuerung des Einkommens über eine Vermögensteuer liegt darin, dass die Steuer auch fällig wird, wenn das erwartete Einkommen nicht erzielt wird. Darum haben sich auch alle entwickelten Staaten, sobald sie in der Lage waren das Einkommen ihrer Bürger zu erfassen, die Vermögensbesteuerung durch eine direkte Besteuerung des Einkommens zu ersetzen. Zusätzlich zu einer Einkommensteuer macht eine Vermögensteuer aber keinen Sinn.

Die Besteuerung von Personen die kein ausreichendes Einkommen erzielen ist auch aus ethischer Sicht bedenklich. Es macht nämlich einen Unterscheid ob man einen Zugewinn teilt (beide werden reicher) oder ob jemand sein Vermögen zu Gunsten der Allgemeinheit aufopfern soll (einer wird ärmer damit der andere reicher werden kann). Ersteres ist eine Form der (Solidar-) Gesellschaft, zweiteres eine Form des Raubes.

Das häufig vorgebrachte Argument für eine Vermögensbesteuerung, dass Einkommen nicht höher besteuert werden kann und der Staat seine Ausgaben aber irgendwie decken musss ist ein leichtfertiges.

Die Ausgaben des Staates bestehen zu einem großen Teil ja nicht aus Verwaltungskosten, sondern aus Aufwendungen die den Staat daraus erwachsen, dass er gewissen Bürgern Einkommen verschafft. Das ergibts sich aus der Zielsetzung eines modernen Sozialstaates. Diese Umverteilung von durch die Marktwirtschaft allozierten Einkommen kann man aus volkswirtschaftlicher Sicht kritisch sehen, aber selbst, wenn man diese aus sozialstaatlicher Sicht akzeptiert, muss doch konstatiert werden, dass eine Umverteilung von Einkommen ihre Grenze dort findet wo kein Einkommen vorhanden ist. Der Zugriff auf das Vermögen Wohlhabender damit Ärmere ein Einkommen erhalten, das selbst die Wohlhabenden nicht haben, überspannt das Ziel einer Teilhabe Aller an der Wertschöpfung einer Volkswirtschaft. Wo kein Wohlstand generiert wird muss auch der, der Solidarität einfordert seinen Gürtel enger schnallen.

Lediglich in jenen außergewöhnlichen (meist kriegsbedingten) Fällen, in denen der Staat die Erfüllung seiner Kernaufgaben aus dem Einkommen seiner Bürger nicht mehr finanziert kann, kann eine (einmalige) Vermögensabgabe überlegt werden. Jede darüberhinausgehende Vermögensbesteuerung kollidiert mit dem verfassungsgesetzlich geschützten Eigentumsrecht (so auch ausdrücklich das Deutsche Bundesverfassungsgericht) und wäre, obigen Argumenten folgend auch ethisch nicht vertretbar.

Grundlegende Fehler/Lücken in der Besteuerung

Steuerarten

Grundsätzlich gibt es nur zwei Arten von Steuern, solche die aus dem Ertrag bezahlt werden und solche die aus der Substanz bezahlt werden.

Zu den Ertragsteuern zählen die Einkommensteuer (inkl. Lohnsteuer und Körperschaftsteuer) sowie die Umsatzsteuer (inkl Verbrauchssteuern; es gilt: Einkommen = Konsum).

Zu den Substanzsteuern gehört die Vermögensteuer (inkl Erbschafts- und Schenkungssteuer) sowie alle anderen Gebühren und Abgaben. Da die Akkumulation von Vermögen, volkswirtschaftlich gesehen, sinnvoll und erwünscht ist, gelten Substanzsteuern allgemein als schädlich.

Systematische Friktionen im Bereich der Einkommensteuern

Die Körperschaftsteuer, die Lohnsteuer und die Kapitalertragsteuer sind nur besondere Erhebungsformen der Einkommensteuer.

Bei Einkommen aus Körperschaften erfolgt die Besteuerung in zwei Schritten: Auf Ebene der Körperschaft fällt die Körperschaftsteuer an und auf Ebene des Anteilsinhabers fällt die Kapitalertragsteuer an. Dass der Kapitalertrag-steuersatz nur die Hälfte des Einkommensteuersatzes ausmacht, macht bei Einkommen aus Körperschaften daher Sinn. Dass der halbe Steuersatz auch für alle anderen Kapitalerträge gilt macht keinen Sinn.

Eine progressive Besteuerung von Einkommen führt zu einer vom zeitlichen Anfall des Einkommens abhängigen Steuerbelastung was zu ungerechten Ergebnissen führen kann. Das selbe gilt für den Fall dass es keinen Verlustrücktrag und/oder Verlustvortrag gibt. Warum die Körperschaftsteuer anders als die Einkommensteuer und die Lohnsteuer, keine Progression kennt und einen Verlustvortrag, aber keinen Verlustrücktrag zulässt, ist aus dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit nicht zu erklären. Besser wäre es die Progression abzuschaffen, einen Verlustvortrag auch im Bereich der Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer zuzulassen und einen Verlustrücktrag im Bereich der Körperschaftsteuer zu ermöglichen.

Systematische Friktionen im Bereich der Einkommensteuer im engeren Sinn

Die Einkommensteuer wird abhängig von der Art des Einkommens unterschiedlich ermittelt, ohne dass das systematisch erklärbar oder notwendig wäre. Zwischen den einzelnen Einkunftsarten gibt es Verlustausgleichsverbote, was dem Leistungs-fähigkeitsprinzip ganz grundsätzlich widerspricht.

Substanzverluste werden grundsätzlich nicht berücksichtigt obwohl Substanzgewinne sehr wohl der Besteuerung unterliegen. Die Besteuerung von Substanzgewinnen erfolgt auf Basis von Nominalwerten, sodass auch die Inflation besteuert wird.

Systematische Friktionen im Bereich der Körperschaftsteuer

Die unterschiedliche Besteuerung von Eigen- und Fremdkapital macht aus dem Blickwinkel einer wertschöpfungsorientierten Besteuerung keinen Sinn.

Die Berücksichtigung von Auslandsverlusten ist für den Fall, dass die korrespondierenden Gewinne nicht der österreichischen Besteuerung unterliegen unsystematisch.

Systematische Friktionen im Bereich der Kapitalertragsteuer

Dass im Bereich der Kapitalertragsteuer keine Werbungskosten zugelassen werden widerspricht nicht nur bei Dividendeneinkünften, die keiner begünstigen Besteuerung unterliegen, dem Leistungsfähigkeitsprinzip sondern ist grundsätzlich problematisch wenn man bedenkt, dass das Abzugsverbot auch Finanzierungskosten umfasst.

Die Besteuerung von Erträgen aus der Veranlagung in Investmentfonds auf Basis fiktiver Zuflüsse widerspricht dem Zuflussprinzip und dem Realisationsprinzip.

Sclussbemerkung

Als Steuerberater profitiere ich natürlich von diesen Inkonsistenzen, da sie mir ermöglichen durch geschickte Gestaltung die Steuerlast meiner Klienten zu reduzieren. Aus steuertheoretischer Sicht sowie aus Sicht eines an Steuergerechtigkeit interessierten Steuerzahlers wären diese allerdings auszumerzen.